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#BREXIT – Goodbye, UK.

Die Briten haben für einen Austritt aus der EU gestimmt – der #Brexit kommt. Großbritannien ist raus. Kommt das unerwartet? Nicht ganz. Ein paar lose Gedankenfetzen meinerseits aus dem Wartezimmer meiner Hausärztin:

Es ist soweit. Die Briten wollen nicht mehr. Mit 51.9% haben die Befürworter des Austritts aus der Europäischen Union gewonnen. Demographisch gesehen verteilt sich das Ergebnis so:

Die Alten haben für die Jungen entschieden

Die scheidende alte Generation stimmt also für eine nicht mehr zeitgemäße Zukunft, mit der die Jugend leben muss. Den größten Teil dieser Auswirkungen werden sie nicht mitbekommen, vieles betrifft sie ja auf den ersten Blick auch nur marginal. Eine Reise in die Vergangenheit.

 

Das ist ein bisschen so wie hier bei uns. Zahlenmäßig die größte Gruppe setzen uns die Babyboomer und Co. eine Regierung vor, die sich an Rentnern und Vermögenden orientiert und für diese Politik macht. Den Nachwuchs lässt sie abschmieren. Ich kenn niemanden, der einen Hauskredit abzahlt, meine Freunde arbeiten prekär, gern in 3 Jobs parallel, wohnen noch mit 37 in WGs und von der Rente müssen wir auch nichts erwarten. Von Alleinerziehenden und Unverheirateten fang ich gar nicht erst an.

 

Entschieden durch: die Alten.

 

Und in Großbritannien? Nun, dieser Tweet fasst es gut zusammen:

 

"Ich bin so wütend. Eine Generation, der alles gegeben wurde: freie Bildung, goldene Pensionen, soziale Mobilität haben abgestimmt, die Zukunft meiner Generation zu demontieren."

Was für Auswirkungen wird es für die UK geben?

Die Wirtschaft wird leiden. Sachen wie Freizügigkeit, was den Arbeitsort innerhalb der EU angeht, stehen auf dem Spiel. Ein Punkt, der für die alte Generation vielleicht erstmal nicht so relevant wirkt, für die mobile und flexible Jugend jedoch unglaublich wichtig ist. Und die Jugend ist nur so flexibel und mobil, weil sie es sein muss, wenn sie nicht arbeitslos sein möchte. Der Handel wird schwieriger und, wenn es die beiden Parteien UK und EU nicht schaffen, innerhalb von zwei Jahren die Verhandlungen mit entsprechenden Abkommen abzuschließen, auch teurer. Wenn bei den Verhandlungen rauskommt, dass die EU sagt: Hey, wir wollen ein ganz neues UK-EU-Handelsabkommen, kann das locker bis 2021 verzögert werden. Was das für die Wirtschaft heißt, kann man sich denken.

 

Jobs werden auf der Kippe stehen. Gerade in den ländlichen Gebieten, die ja so stark für den Austritt gestimmt haben, wird das Leben härter. Sie haben ein Monster erschaffen und wissen es nicht.

 

Mit ein bisschen Pech bleibt das Pfund schwach, was bedeutet: Herstellende Betriebe in den UK zahlen deutlich mehr beim Import von Rohmaterial. Außerdem wird das Reisen für Briten teurer.

 

Schottland und Wales haben für den Verbleib in der EU gestimmt. Es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass Schottland nun doch wieder stärker nach Unabhängigkeit strebt.

#Brexit - wieso eigentlich?

Dafür gibt es viele Gründe. Gründe, weshalb auch in anderen Mitgliedsstaaten Nationalisten und Rechtspopulisten mit dem EU-Austritt liebäugeln und ihn heftig bewerben und verteidigen.

 

Einerseits die EU selbst, ein bürokratisches, schwerfälliges Ungetüm mit vielen Vorteilen, aber auch Nachteilen. Da kann man viel kritisieren, sollte man auch – aber konstruktiv. Mit Blick auf Reformen und Verbesserungen. Dennoch denke ich, dass der Hund eher woanders begraben liegt.

 

Stichworte: Flüchtlinge. Abstiegsangst. Misstrauen.

 

Politische Kräfte wie die nationalistische Ukip-Partei haben den Kampf um die Abstimmung weg von Facts and Figures, hin zu Ängsten und Emotionen gezerrt. Die Flüchtlingskrise war ein großes Thema, mit dem man vor allem bei Menschen aus dem ländlichen Raum – die dann ja sehr für den Austritt waren – punkten konnte. Dabei funktioniert das nicht anders, als hier in Deutschland: In Regionen, in denen es kaum Migration gab, konnte man die Angst vor Fremden am besten schüren, konnten die Wählerstimmen gleich Rattenfängern für sich gewonnen werden.

 

Insgesamt ist diese Wählergruppe sehr interessant für (Rechts-)Populisten. Wie auch hier im Land fühlen sich die Menschen in ländlichen Gebieten mit schwacher Bildung und Einkommenssituation abgehängt, von Bildungs- und Finanzeliten vergessen und unterdrückt. Die Wirtschaft wächst nicht mehr so stark wie früher, es gibt Absteiger, es gibt ganze Generationen, die steigen gar nicht erst auf. Meine zum Beispiel. Es herrschen Vorbehalte und Angst. Finanzielle, soziale und bildungstechnische "Eliten" werden misstrauisch beäugt, der scheußliche Begriff "Lügenpresse" kommt nicht ohne Grund wieder auf. Viele dieser in ihren Augen oder auch tatsächlich abgehängten Menschen fühlen sich in einem Setting wie "Das Volk vs. Aristokraten", wie vor einigen hundert Jahren.

Und jetzt?

Klar habe ich erstmal Grusel. Ich bin in der EU aufgewachsen, kenne es gar nicht anders. Zerbricht die Union? Ziehen andere Länder mit? Frexit, Grexit und Co.? Vielleicht wird die EU an den Briten ein Exempel statuieren und den Austritt so kompliziert und schmerzhaft machen, dass sich die anderen Staaten nicht trauen, gleichzuziehen. Aber wie lange kann man die Staaten durch solche subtilen "Einschüchterungen" und ohne neue Ideen beisammenhalten in einer Zeit, in der EU-Gegner wie die AfD, den Front National und Co. politisch immer mehr Raum einnehmen und die Stimmung vergiften?

 

Es ist Zeit, dass sich die EU neu erfindet. Wie? Tja. Das gilt es herauszufinden. Vielleicht schaffen wir es ja als Nachwuchs-Generation, uns etwas Neues auszudenken. Vielleicht schaffen wir endlich den Generationenwechsel mit neuen Ideen. Ich hoffe es. Bis dahin:

 

Goodbye, UK.


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Jasmin Schreiber

Hurra, Hurra, so nicht!

Freie Journalistin bei der Lügenpresse | Politisch | ist auch noch Illustratorin | war mal Biologin | hat so'n Batman-Ding am Laufen



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